Grüner Biblioclasmus

Biblioclasums beschreibt die kirchlicher- oder staatlicherseits demonstrativ ausgeführte Vernichtung von Büchern durch Verbrennen, Zertreten, Zerschneiden oder Zerreißen.

Anlass zu der Maßnahme geben Vorwürfe abweichender moralischer, politischer, religiöser oder abergläubischer Vorstellungen.

Im Biblioclasmus kann der ungebildete „Grüne Emporkömmling“ in seiner Paraderolle glänzen:  Als kulturbolschewistischer Eiferer

Diesen besonders abstoßenden Mitbürger hat es zu allen Zeiten gegeben, er ging einher mit jenen, die alles, was nicht in den engstirnigen Geist ihrer Frömmigkeit passt, physisch zerstören müssen.

Nun haben diese Gutmenschen Karl May für sich entdeckt.

Karl May war eine erstaunliche, streitlustige und widersprüchliche Gestalt, groß geworden aus den sozial-prekärsten Verhältnissen.  Er war bis zum 7. Jahr blind, Realität und Fiktion verschwammen in der Phase seiner Blindheit und dieser Umstand prägte sein ganzes Leben.  Als schon erfolgreicher Autor führte er ständig Rechtsprozesse,  allem Ärger seines Lebens entfliehend, auch dem selbstverschuldeten,  sublimierte er in verschiedenen Phantasieszenarien, entwich in seine Vorstellung einer Heileren Welt, mit Ethnien,  die es nie gegeben hat, außer in seiner Fantasie,  und einem Alterego,  einem zweiten Helden, der er stets selber war.

Es gibt keinen Winnetou, aber einen Old Shatterhand, einen Kara Ben Nemsi.

Er war sie selber, so wie er sich selbst, mit leuchtenden blauen Augen, gewünscht hätte zu sein, Produkte aus der frühen Kindheit seiner blinden Tage.

Er reflektierte die Unangepasstheit seiner Existenz, genauso wie B.  Traven, in eine andere Welt.

Hans Fallada benannte die sozialen Probleme einer unangepassten Existenz und stellte sie schonungslos aus, wo Karl May sie durch eine Ideale Welt auflösen wollte.

In einer Zeit ungebremster Industrialisierung, ist dies sein verzweifelter Rückgriff in eine romantische, bessere Welt.

Wer Winnetou tötet, tötet die Kraft zur Fantasie und damit den einzigen Weg, der einem überwundenen, streitigen Geist noch bleibt, um in einer kalten Welt zu überleben.

 

Kai Günther